Industrie Portrait
Die Schweiz verfügt über reiche Vorkommen an Kalkstein und Mergel und ist daher für die Zementherstellung prädestiniert. Seit 1871 ist der hiesige Zement für seine Eigenschaften und die herausragende Qualität bekannt.
Eine in der Schweiz verwurzelte Branche
Die schweizerische Zementindustrie befindet sich in einer sehr privilegierten Lage. Im Gegensatz zu anderen Branchen muss sie die Rohstoffe für ihre Produkte nicht aus dem Ausland importieren. Für die Herstellung von Zement werden mineralische Rohstoffe wie Kalkstein und Mergel benötigt. Davon verfügt die Schweiz – insbesondere der Jurabogen – über reiche Vorkommen. Im Jahr 1871 war es Robert Vigier, der in Luterbach das erste Schweizer Zementwerk eröffnete. Unter dem Namen Vigier wird in Péry im Berner Jura bis zum heutigen Tag Zement hergestellt.
Gegenwärtig stellen in der Schweiz drei Firmen an sechs Standorten Zement her. Sie beschäftigen rund 650 Personen. Im Jahr 2018 lag die Schweizer Produktion bei etwa 4,3 Millionen Tonnen. Die drei wichtigsten Abnehmer von Zement sind Transportbetonwerke (ca. 75 Prozent), Baufirmen (ca. 20 Prozent) und Betonwarenfabriken (ca. 5 Prozent). Der am meisten nachgefragteste Zement aus Schweizer Zementwerken ist der sogenannte CEM II/B. Er macht fast 60 Prozent der inländischen Produktion aus und ist in der Herstellung aufgrund seines geringeren Klinkeranteils weniger CO2-intensiv als CEM I und CEM II/A- Sorten
Eine traditionsreiche Schweizer Industrie
Zement ist ein Schweizer Industrieprodukt mit grosser Tradition. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird hierzulande der uns bekannte Portlandzement produziert. Zwar wurde in Aarau bereits 1833 der sogenannte Romanzement fabriziert. Dieser war aber hinsichtlich Festigkeit und Haltbarkeit nicht auf dem Niveau des Portlandzements. Die einsetzende Industrialisierung und die stark wachsende Bevölkerung führten damals zu einer nie dagewesenen Bautätigkeit. Für den Bau von Fabriken, der Eisenbahn oder Flusskorrektionen wurden neue Baustoffe – insbesondere neue Bindemittel – benötigt. Der zuerst in England entwickelte Portlandzement wurde zu einem gefragten Baustoff. Der zunehmende Bedarf wurde zunächst durch Importe aus Deutschland und Frankreich gedeckt.
Das erste Schweizer Zementwerk
Bald war die Schweiz aber in der Lage, ihren eigenen Portlandzement produzieren zu können. Im kalksteinreichen Jurabogen waren die Rohstoffe zur Zementproduktion in grossen Mengen vorhanden. Und die zur Produktion unentbehrliche Wasserkraft war in der Schweiz ebenfalls vorhanden. Der Pionier und Visionär Robert Vigier erkannte dieses Potential und eröffnete 1871 in Luterbach bei Solothurn die erste schweizerische Portlandzementfabrik. Elf Jahre begann die heutige Jura-Cement-Fabriken AG mit der Zementproduktion in Wildegg. Der heutige Marktführer Holcim wurde im Jahr 1912 gegründet. In kurzer Zeit entwickelte sich der Schweizer Zement zu einem qualitativ hochstehenden Produkt.
Qualitativ hochstehende Produktion
Durch die Gründung der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt wurde der Zement laufend Qualitätskontrollen unterzogen und weiterentwickelt. Schnell erwies sich der in der Schweiz hergestellte Zement den ausländischen Produkten qualitativ überlegen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts führte der vermehrte Einsatz von Beton und insbesondere Stahlbeton zu einem weiteren Wachstum der Zementindustrie. Das Ziel, genügend Zement für die inländische Versorgung bereitzustellen, wurde 1910 erreicht. Bald darauf avancierte der Schweizer Zement zum Exportprodukt. Heute sind Exporte jedoch vernachlässigbar gering – die Schweizerische Zementindustrie produziert den Zement für die Verwendung in der Schweiz.
Die Zementindustrie verändert sich
Mit dem Wirtschaftswachstum der Nachkriegszeit setzte in den 1950er und 1960er Jahren ein Bauboom ein. Die Nachfrage nach Zement wuchs stark. Im Jahr 1965 produzierten in der Schweiz 17 Werke eine Menge von insgesamt 4,5 Millionen Tonnen. Das Produktionsvolumen steigerte sich bis in die frühen 70er Jahre auf gegen 6 Millionen Tonnen um dann in den folgenden Rezessionsjahren wieder auf etwa 4 Millionen Tonnen pro Jahr zu sinken. Seit der Jahrtausendwende hat sich die Schweizer Zementindustrie stark verändert. Die Branche erlebte teilweise turbulente Zeiten mit Eigentümerwechseln, Fusionen und Restrukturierungen. Im Jahr 1986 produzierten sieben Unternehmen an elf Standorten fast 6 Millionen Tonnen Zement. Im Jahr 2018 sorgten die drei Unternehmen Holcim (Schweiz) AG, jura cement (Jura-Cement-Fabriken AG in Wildegg sowie Juracime SA in Cornaux) und Ciments Vigier SA mit insgesamt sechs Werken für eine Jahresproduktion von 4,3 Millionen Tonnen. Bis heute zeichnet sich die Schweizer Zementindustrie durch die Verwendung praktisch ausschliesslich einheimischer Rohstoffe aus.